W.G. Sebald (1944-2001) hatte so seine Probleme mit seinem Geburtsland Deutschland. Er fand, dass es dort – in den sechziger Jahren wohlgemerkt – bezüglich der Nazizeit zu still war. Er verließ das Land, zog nach England und arbeitete ab 1970 an der Universität Norwich, East Anglia. Über seine ausgedehnte Wanderreise durch die Region schrieb er das tolle Buch Die Ringe des Saturn. Dieser Tour bin ich vor etwa zwanzig Jahren im Rahmen einer Reportage für Vrij Nederland nachgegangen und die dabei erlebten, sonnigen Oktobertage sind mir ebenso unvergesslich geblieben wie das Buch selbst.
In einem früheren Werk hat Sebald die Eindrücke seiner ersten Rückkehr festgehalten, die er im Jahre 1987 nach seinem Allgäuer Geburtsort Wertach unternahm. Il retorno in patria ist eine der vier Erzählungen aus seinem 1990 entstandenen Prosa-Anfangswerk Schwindel. Gefühle, dessen Titel sich offensichtlich nicht so einfach bzw. eindeutig ins Niederländische übersetzen lässt, da das Buch 1992 zunächst als Melancholische dwaalwegen (Melancholische Irrwege) und 2008 in einer Neuübersetzung mit dem Titel Duizelingen (Schwindelgefühle) erschien. Er beschreibt darin seine Reise von Innsbruck durchs Tirol bis ins Allgäu, erst mit dem Bus bis an die Grenze und vom Grenzübergang Unterjoch zu Fuß weiter bis nach Wertach. „In der Schlucht war nichts anderes zu hören als das Wasser am Boden, kein Vogelruf, nichts.“. Ich bin die Strecke vom Unterjoch bis Wertach zwar schon einmal mit dem Auto entlanggefahren, aber ich habe mir fest vorgenommen, dass ich sie das nächste Mal zu Fuß begehe.