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Momo

Michael Ende

Genre
Roman

Verlag
Thienemann

erschienen
 2021 (1973)

Zielgruppe
Jugendliche, 12+

30|11|23

Ein symbolisches Märchen über die moderne Welt

‚Als ich damals meinen Ehemann kennenlernte, habe ich ihm die Geschichte von Momo vorgelesen. Nicht nur deshalb, weil sie eine meiner Lieblingsgeschichten aus eigenen Kindheitstagen ist, sondern auch weil ich fand, dass ihn der dreiteilige Roman aufgrund der in ihm enthaltenen, hintergründigen Philosophie sehr ansprechen würde. Es ist ein symbolisches Märchen über die moderne Welt, in der keiner mehr Zeit hat, und über die Wertschätzung der einem selbst zur Verfügung stehenden Zeit.

Als Kind habe ich das natürlich nicht so verstanden. Damals war das Buch für mich einfach nur eine tolle Abenteuergeschichte mit verabscheuungswürdigen Zeit-Dieben, einem Geschichtenerzähler und vor allem einer großartigen Hauptfigur: Momo. Ich sehe sie als eine Art abgeschwächte oder sanftere Pippi-Langstrumpf-Gestalt, die allein in einem großen Amphitheater wohnt. Menschen bringen ihr Essen und Decken und sie hilft ihnen, indem sie ihnen zuhört. Dadurch, dass die Leute dem Mädchen einfach erzählen können, was sie bekümmert, werden ihre Sorgen plötzlich kleiner bzw. ergeben sich manche Dinge wie von selbst. Das empfand ich als etwas Besonderes. Auch wenn Momo mit den Kindern aus der Nachbarschaft spielt, klappt das Zusammenspiel auf einmal besser – das hat mich sehr angesprochen.

Eigentlich ist Momo genauso wundervoll naiv wie meine ‚Lampje‘-Figur (aus dem gleichnamigen Buch, Anm. d. Red.), nur ohne das Pflichtgefühl, dass ihr innewohnt. Endes Hauptgestalt ist so stark und lebendig, dass man den Eindruck hat, die Botschaft sei bei ihm ein wenig zu dick aufgetragen. Aber Momo ist und bleibt für mich ein Kind, das mir das Gefühl gibt, dass ich es wirklich gekannt habe. Sie wohnt in mir und ich denke noch oft an sie. Das beweist, dass es bei einem guten Buch um sehr viel mehr geht, als nur um die Handlung allein.‘

Aufgezeichnet von Katrien Steyaert für dasKULTURforum Antwerpen.
Übersetzt von Sandra Karólyi.

Lesetipp von
Annet Schaap
Autorin und Illustratorin