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Schmetterlinge im Winter

Tobias Bamborschke

Genre
Lyrik

Verlag
KiWi-Taschenbuch

erschienen
2021

Zielgruppe
Erwachsene

22|02|24

Besessen von der deutschen Sprache

‚Ich bin in letzter Zeit wie besessen von der deutschen Sprache. Ich finde, dass Deutsch eine Sprache ist, in der es leichter fällt, sich emotional auszudrücken und konzeptionell zu denken, als im Niederländischen. Da ist z.B. die Möglichkeit, neue Wortzusammensetzungen zu erfinden, diese sehr langen Wörter ohne unseren typischen Bindestrich. Damit kann man selbst die abstraktesten Ideen ausdrücken. Das Deutsche bietet auch mehr Spielraum für Nuancen bei Gefühlsäußerungen.

So ging es mir, als ich die Sprache in einem Halbjahreskurs an der UCT in Gent lernte. Ich habe zwar aufgehört zu studieren, aber nicht damit, mich weiterzubilden. Ich bin schon seit der Sekundarschule – als ich erstmals die deutsche Sprache bei einem guten Freund sprechen hörte – in sie verliebt, aber erst mit dem Corona-Lockdown kam für mich der ideale Zeitpunkt, um mich wirklich damit zu beschäftigen. Als zusätzliche Hausaufgabe kaufte ich mir nach einem Konzert in Hamburg den Gedichtband von Tobias Bamborschke, dem Sänger der Rockband ‚Isolation Berlin‘. Auf der Bühne spielt er zwar Indie-Musik, aber auf dem Papier hält er seine Gedanken und Ideen in kurzen Gedichten fest.

Schmetterling im Winter‘ schneidet für mich sehr erkennbare Themen an, wie z.B. sich verlieben, sein Herz gebrochen bekommen, alleine leben, fünf Tage hintereinander Pizza essen, nicht genug nach draußen gehen… (Sie lacht.) Bei Gedichten von Anderen tue ich mich manchmal schon schwer mit ihrem Stil und Lebensstil bzw. ich kann nicht viel damit anfangen, aber bei Bamborschke habe ich direkt in den Kopf eines Zeitgenossen und Musikerkollegen geschaut – das hat so gutgetan. Außerdem hatte sein Deutsch genau das richtige Niveau für mich, sodass ich einerseits nicht abgebrochen und andererseits genug dazugelernt habe.
Jedes Wort, das ich nicht kannte, habe ich nachgeschlagen und die Bedeutung auf einen Klebezettel geschrieben. Auf diese Weise habe ich schließlich den kompletten Gedichtband für mich übersetzt. Sehr oft stellte ich dabei fest, dass es für ein Wort keine korrekte niederländische Übersetzung gab, was mich in meiner Auffassung bestätigt hat, dass Deutsch reicher und nuancierter ist als viele andere Sprachen.‘

Aufgezeichnet von Katrien Steyaert für dasKULTURforum Antwerpen.
Übersetzt von Sandra Karólyi.
Foto: Anneke D’Hollander

Lesetipp von
Meskerem Mees
Musikerin