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Foto: Claus Bach

Reisetipp von
Sven Mattke
Schauspieler

– 15|03|21

Nordhausen & Mittelbau-Dora

Wer versucht, Nordhausen auf der Landkarte zu finden, der darf nicht den Fehler machen und die deutsche Küstenlinie absuchen, sondern muss seinen Blick auf die Mitte des Landes richten.

Idyllisch am Mittelgebirge des Südharzes gelegen, befindet sich Nordhausen an der nördlichsten Grenze Thüringens und zudem in grenznaher Umgebung zur ehemaligen innerdeutschen Grenze. Das alte Nordhausen, früher auch freie Reichsstadt, blickt auf eine lange und ereignisreiche Geschichte zurück. Stark zerstört im Zweiten Weltkrieg, geprägt durch die luthersche Reformation und nach der deutschen Wende vor allem durch Abwanderung und Niedergang der ansässigen Industrie geprägt, mausert sich die kleine Großstadt in den letzten Jahren und Jahrzehnten und zählt mittlerweile wieder stabile 40.000 Einwohner auf Ihrem Gebiet.

Der Roland, das Wahrzeichen der Stadt, steht für die frühere Gerichtsbarkeit und befindet sich als große Statue direkt auf dem Marktplatz und im Original im Eingangsbereich des Alten Rathauses. Auch ein städtisches Theater nennt Nordhausen sein eigen und wenn im Sommer das Rolandsfest zum Stadtereignis einlädt, dann erwacht die beschauliche Kreisstadt und sprüht vor Freude, Konzerten und Veranstaltungen auf allen Straßen, Gassen und Plätzen.

Aber die größte Berühmtheit hat Nordhausen wohl durch seine klaren Brände und Spirituosen erhalten, wie den Nordhäuser Doppelkorn. Durchaus in seiner Popularität mit dem Genever zu vergleichen, gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Geschmacks- und Produktrichtungen. Da kommt man nicht an einem Besuch in der Echten Nordhäuser Traditionsbrennerei vorbei. Auch der Genuss und die Produktion von Tabak ist in Nordhausen nicht zu vernachlässigen und eng mit der Stadttradition verbunden. Mittlerweile ist die Zigarettenproduktion zwar leider eingestellt und zum Großteil nach Hannover abgewandert, aber wer sich für das legale Genussmittel und die Vielfalt seiner Konsummöglichkeiten interessiert, für den oder die, ist ein Besuch im musealen Tabakspeicher ein Muss. Aber Vorsicht bei einer Kostprobe des Priems, für schwache Glieder kann dies unerwartete Folgen haben.

Ein dunkles, aber nicht zu vernachlässigendes Kapitel Nordhäuser Geschichte ist das Konzentrationslager und die mittlerweile als Gedenkstätte Mittelbau-Dora benannte Anlage. Als Außenlager des berüchtigten, bei Weimar gelegenen Konzentrationslagers Buchenwald, war Dora für die Produktion der sogenannten V-Waffen und Flugzeugtechnik verantwortlich. In todbringender Zwangsarbeit mussten die Häftlinge hier Untertage in einem weiträumigen Stollensystem Hitlers Vergeltungs- und sogenannte Wunderwaffe produzieren. Die Stollen und das Außenlager sind heute noch durch eine begleitende Führung (nach vorheriger Anmeldung) möglich und sehr zu empfehlen.